Zelluläre Automaten

In diesem Kurs beschäftigen wir uns mit einer vergleichsweise einfachen Möglichkeit zur Modellierung und Simulation durchaus komplexer Sachverhalte. Genauer beschäftigen wir uns mit sogenannten zellulären Automaten, die aus einem Spielfeld bestehen, auf welchem sich einzelne Individuen nach exakt definierten Regeln verhalten. Dabei interagieren die einzelnen Individuen jeweils nur mit einer kleinen Anzahl anderer Individuen aus ihrer Nachbarschaft.

Mit der Verbreitung der Computer veröffentlichte John von Neumann eine der grundlegenden Arbeiten zu zellulären Automaten, s. Neumann (1966). Maßgeblich vorangetrieben wurde die Entwicklung und Erforschung der zellulären Automaten durch Stephen Wolfram in einer ganzen Reihe von Arbeiten, s. z.B. Wolfram (1984), Wolfram (1986) und Wolfram (2002).

Zelluläre Automaten sind für einen Einblick in die Welt der Modellierung und Simulation besonders geeignet, da sich auch mit vergleichsweise einfachen Mitteln und ohne aufwendigen mathematischen oder physikalischen Formeln komplexe Sachverhalte simulieren lassen. Die Entstehung des Lebens, Modelle im Verkehrswesen, populationsdynamische Entwicklungen oder Strömungen von Flüssigkeiten stellen dabei nur eine kleine Auswahl dar. Für ein ausführliches deutschsprachiges Lehrbuch zu dem Thema sei auf Scholz (2014) verwiesen.

Als konkretes Anwendungsbeispiel zellulärer Automaten untersuchen wir im Folgenden die Ausbreitung von Infektionskrankheiten, s. dazu Pfeifer et al. (2008) und White et al. (2007) oder auch Schöbel und Scholz (2011).

Literaturhinweise
  • C.T. Bauch und D.J.D. Earn. 2004. Vaccination and the theory of games. Proceedings of the National Academy of Science of the United States of America 101: 13391-13394.
  • F. Brauer, C. Castillo-Chavez und Z. Feng. 2019. Mathematical Models in Epidemiology. Springer Science+Business Media, New York, 1. Auflage.
  • Dinge Erklärt - Kurzgesagt. 2020. Das Coronavirus erklärt & Was du jetzt tun solltest. funk, Gemeinschaftsangebot der ARD und des ZDF. Link
  • M. Martcheva. 2019. An Introduction to Mathematical Epidemiology. Springer Science+Business Media, New York, 1. Auflage.
  • J. von Neumann 1966. Theory of Self-Reproducing Automata. University of Illinois Press, 1. Auflage.
  • B. Pfeifer, K. Kugler, M. M. Tejada, C. Baumgartner, M. Seger, M. Osl, M. Netzer, M. Handler, A. Dander, M. Wurz, A. Graber und B. Tilg. 2008. A cellular automaton framework for infectious disease spread simulation. The Open Medical Informatics Journal 2: 70-81.
  • A. Schöbel und D. Scholz (Hrsg.). 2011. Evolution und Epidemie. Spieltheorie in der Biophysik. Shaker Verlag, Aachen, 1. Auflage.
  • D. Scholz. 2014. Pixelspiele. Modellierung und Simulieren mit zellulären Automaten. Springer Spektrum, Heidelberg, 1. Auflage.
  • D. Scholz. 2016. Numerik interaktiv. Grundlagen verstehen, Modelle erforschen und Verfahren anwenden mit taramath. Springer Spektrum, Heidelberg, 1. Auflage.
  • S.H. White, A.M. del Rey und G.R. Sánchez. 2007. Modeling epidemics using cellular automata. Applied Mathematics and Computation 186: 193-202.
  • S. Wolfram. 1984. Computation theory of cellular automata. Communications in Mathematical Physics 96: 15-57.
  • S. Wolfram. 1986. Theory and Application of Cellular Automata. World Scientific, Singapur, 1. Auflage.
  • S. Wolfram. 2002. A New Kind of Science. Wolfram Media, 1. Auflage.
Spiel des Lebens
Ohne an dieser Stelle auf die genauen Hintergründe und Regeln eingehen zu wollen, zeigt die folgenden Anwendung mit dem Game of Life (Spiel des Lebens) ein Beispiel, um einen allerersten Eindruck von zellulären Automaten gewinnen zu können: Auf einem Gitternetz können die einzelnen Gitterpunkte (Zellen) leer oder durch ein Individuum (blauer Pixel) besetzt sein. Zunächst wird eine zufällige Population (Belegung der Zellen) erzeugt, welche sich anschließend nach eindeutig definierten Regeln entwickelt.
Quiz
Infektionskrankheiten